Direkt zum Hauptbereich

Studium - nicht nur für Eliten.

"In Deutschland kann jeder studieren, der es will". Eine schöne Theorie, die in der Praxis aber leider nicht stimmt. Abiturienten, deren Eltern keine Akademiker sind, studieren wesentlich seltener.
Dazu las ich heute diese Zahlen: Von 100 Akademikerkindern studieren 77. Von 100 Kindern, deren Eltern nicht studiert haben, nur 23. Das ist nicht allein eine Geldfrage. Stefan Groh, der Sprecher des deutschen Studentenwerkes, sieht einen Grund  auch im fehlenden Selbstvertrauen. Der Nachwunchs von Arbeitern  und  einfachen Angestellten hat oft Angst, das Studium nicht zu schaffen. Sie können auf keine Erfahrung ihrer Eltern zurückgreifen. Ein weiterer Grund liegt oft tiefer: Viele Eltern möchten zwar, dass es ihre Kinder weiter bringen als sie selbst, aber nicht so weit, dass man sich einander entfremdet. Kinder spüren das und halten sich unbewusst zurück. Es erfordert viel persönliche Kraft, sich gegen diese inneren und äußeren Hindernisse durchzusetzen. Die hat nicht jeder bereits als junger Mensch.
Ich finde es sehr schade und für fähige Köpfe in unserem Land desolat, dass es immer noch Eliten-Vorteile gibt. Offenbar hat sich da noch nicht sehr viel geändert. Ich denke dabei an eine eigene Erfahrung zurück: Nach meinem Germanistikstudium hatte ich für kurze Zeit eine Stelle als Deutschlehrerin an einer Privatschule. Die meisten Schüler dort stammten aus begüterten Akademikerfamilien. Die Schule bot ihnen die Möglichkeit, doch noch irgendwie das Abitur zu schaffen, obwohl sie vorher schon mehrfach an anderen Schulen gescheitert waren, weil sie einfach nicht das Potenzial hatten. Ich vermute, man hat sie später auch noch an einer Uni untergebracht.
Allerdings gibt es einen Lichtschein am Horizont: Inzwischen ist man sich des Problems bewusster. So hat etwa die Deutsche Universitätsstiftung Mentoringprogramme speziell für Studierende aus Familien ohne akademischen Hintergrund eingerichtet. Ich wünsche mir sehr, dass sie genutzt werden. Damit alle, die fähig sind, auch weiterkommen.

Kommentare

  1. Interessant ist auch, wenn Kinder in den ersten Schuljahren sehr gute Leistungen haben und diese dann auf einmal nachlassen. Dafür kann es natürlich viele Gründe geben. Kinder nehmen intuitiv war, wenn sie für die Eltern zur Last werden und sind dann weniger motiviert. Wenn dann noch eventuell Gewalt in der Familie eine Rolle spielt, wird es für diese Kinder immer schwieriger aus dieser Spirale rauszukommen. Das gilt für alle Schichten in der Gesellschaft. Glückliche Eltern gleich glückliche Kinder. Vielleicht sollte in der Schule das Fach "Liebe und Glaube an Dich selbst" eingeführt werden! Eigentlich bereits in der Kita....! Alle Erwachsene sollten dafür sensibilisiert sein.

    AntwortenLöschen
  2. besonders für das Masterstudiumentscheiden sich immer weniger Menschen.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ein Freund, ein guter Freund...

Forscher an der Universität Kansas haben herausgefunden, dass es 50 bis 200 gemeinsam verbrachte Stunden braucht, damit sich eine   „Bekanntschaft“ in eine „Freundschaft“ verwandeln kann. Noch einige Stunden mehr dürften es ein, um dann von einem „Freund“ oder einer „Freundin“ zum „guten Freund“ oder zur „guten Freundin“ zu avancieren. Was lernen wir daraus? Wenn wir uns einen Freundeskreis aufbauen wollen, müssen wir Zeit investieren. Doch das ist es nicht allein, auch die Qualität spielt eine Rolle. Der Studie zufolge sollten die Treffen den Beteiligten einen tieferen persönlichen Gewinn bringen, etwa durch Gespräche - oder Vergnügen bereiten. Zugegeben, Freunde bei Facebook findet man schneller. Aber das lässt sich nicht vergleichen.

Selbst schuld?

Am liebsten möchte ich gar keine Nachrichten mehr hören oder sehen – doch das hieße, den Kopf in den Sand zu stecken vor allen politischen und sozialen Krisen in Deutschland und der Welt. Eins nutzt dabei auch nichts: Sich über das Auftauchen von so vielen mitleidlosen und/oder wirren politischen Führern zu wundern. Der Satiriker Franz von Seboca trifft den Nagel auf den Kopf: „Wenn Psychopathen in freien, allgemeinen und gleichen Wahlen zu Führern bestimmt werden, wirft das Fragen nach der geistigen Gesundheit des Wahlvolkes auf.“ Der Mann hat Recht – und wir PsychologInnen haben noch viel zu tun.

Lesezeichen

Unglaublich: Fast 90 000 Bücher erscheinen jedes Jahr in Deutschland,   die meisten traditionell im Herbst. Um den Termin der Frankfurter Buchmesse herum geben dann Magazine und überregionale Zeitungen Tipps, was zu lesen lohnt. Dazu wühlen sich die Journalisten vorab durch unzählige Krimis, Romane, Sachbücher. Ich bin für ihre Arbeit dankbar, denn andernfalls wäre mir vielleicht der eine oder andere Schatz entgangen. Aber noch mehr freut mich, dass zu diesem Zeitpunkt Bücher so gefeiert werden. Sie sind, allen anderen Medien zum Trotz, für unsere Seele besonders wertvoll. Ich habe selbst durch Ratgeber viel gelernt. Manchmal war es nur ein Satz, der mir plötzlich eine ganz neue Sichtweise bescherte. Der Schriftstellers Tschingis Aimatov hat durchaus Recht, wenn er sagt: „Du öffnest die Bücher und sie öffnen dich.“ In diesem Sinne wünsche ich allen, dass sie für sich den passenden „Seelenöffner“ finden, sei es in Form eines berührenden Romans, einer Biografie oder eines Sachbuches