Direkt zum Hauptbereich

Kann jede(r) coachen?

Eine bekannte Coaching-Frau verbreitet derzeit die populäre These "Coachen kann jeder". Damit bedient sie  mit Sicherheit den Wunsch vieler Menschen, anderen mit gutem Rat zur Seite zu stehen und daraus einen möglichst lukrativen Beruf zu machen. So wie es ihr selbst auch gelungen ist, ohne dass sie eine Ausbildung in einem sozialen Beruf hat.

Das mag angehen, wenn es sich um eine Art Kochrezepte handelt, nach dem Motto: In dem Fall tun Sie am besten dieses oder jenes. Ideen und Lösungsvorschläge kann ein intelligenter, praktisch veranlagter Mensch  mit Lebenserfahrung durchaus mit Gewinn weitergeben. Besonders, wenn  er sich auf dem Gebiet auskennt, auf dem der Ratsuchende, Coachee genannt, Fragen hat.

Aber es reicht nicht, wenn das Problem mit der Persönlichkeit des Coachees zusammenhängt. Wenn etwa eine Frau mit dem Wunsch kommt, endlich einen Partner zu finden. Da ist es wichtig, die unbewussten inneren Saboteure zu entdecken. Oder wenn ein Manager unsicher ist, ob er den Anforderungen in der neuen Firma genügt. Hier sollten erst einmal die tieferliegenden Gründe freigelegt werden. Dann erst greifen die guten Ratschläge, weil sie wirklich den Kern treffen.

Das hört sich nach langer Analyse an? Keine Sorge, das braucht nicht viel Zeit, wohl aber Kenntnisse. Mein Kurz-Coaching ist möglich  auf der Basis einer jahrzehntelangen Ausbildung und Erfahrung mit Psychotherapie. Von daher frage ich mich, wie man seriös coachen will, ohne Wissen über psychische Vorgänge.

Möchten Sie zu einem Arzt gehen, der eigentlich Außenhandelskaufmann ist, aber in einem medizinischen Institut ein paar Kurse gemacht hat? Oder zu einer Rechtsanwältin, die zwar nicht Jura studiert hat, aber  schon öfter Familienstreit geschlichtet hat?

Ich behaupte nicht, man müsse unbedingt Psychologie studiert haben, um Coach zu werden. Ich meine nur, man sollte nicht leichtsinnig vermitteln: Jeder kann coachen. Das Handwerk will gelernt sein, und zwar gründlich. Es beinhaltet nämlich mehr als nur ein paar nett ausgedachte Methoden, mit denen man kurzfristige Effekte erzielt.          

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Selbst schuld?

Am liebsten möchte ich gar keine Nachrichten mehr hören oder sehen – doch das hieße, den Kopf in den Sand zu stecken vor allen politischen und sozialen Krisen in Deutschland und der Welt. Eins nutzt dabei auch nichts: Sich über das Auftauchen von so vielen mitleidlosen und/oder wirren politischen Führern zu wundern. Der Satiriker Franz von Seboca trifft den Nagel auf den Kopf: „Wenn Psychopathen in freien, allgemeinen und gleichen Wahlen zu Führern bestimmt werden, wirft das Fragen nach der geistigen Gesundheit des Wahlvolkes auf.“ Der Mann hat Recht – und wir PsychologInnen haben noch viel zu tun.

Ein Freund, ein guter Freund...

Forscher an der Universität Kansas haben herausgefunden, dass es 50 bis 200 gemeinsam verbrachte Stunden braucht, damit sich eine   „Bekanntschaft“ in eine „Freundschaft“ verwandeln kann. Noch einige Stunden mehr dürften es ein, um dann von einem „Freund“ oder einer „Freundin“ zum „guten Freund“ oder zur „guten Freundin“ zu avancieren. Was lernen wir daraus? Wenn wir uns einen Freundeskreis aufbauen wollen, müssen wir Zeit investieren. Doch das ist es nicht allein, auch die Qualität spielt eine Rolle. Der Studie zufolge sollten die Treffen den Beteiligten einen tieferen persönlichen Gewinn bringen, etwa durch Gespräche - oder Vergnügen bereiten. Zugegeben, Freunde bei Facebook findet man schneller. Aber das lässt sich nicht vergleichen.

Lesezeichen

Unglaublich: Fast 90 000 Bücher erscheinen jedes Jahr in Deutschland,   die meisten traditionell im Herbst. Um den Termin der Frankfurter Buchmesse herum geben dann Magazine und überregionale Zeitungen Tipps, was zu lesen lohnt. Dazu wühlen sich die Journalisten vorab durch unzählige Krimis, Romane, Sachbücher. Ich bin für ihre Arbeit dankbar, denn andernfalls wäre mir vielleicht der eine oder andere Schatz entgangen. Aber noch mehr freut mich, dass zu diesem Zeitpunkt Bücher so gefeiert werden. Sie sind, allen anderen Medien zum Trotz, für unsere Seele besonders wertvoll. Ich habe selbst durch Ratgeber viel gelernt. Manchmal war es nur ein Satz, der mir plötzlich eine ganz neue Sichtweise bescherte. Der Schriftstellers Tschingis Aimatov hat durchaus Recht, wenn er sagt: „Du öffnest die Bücher und sie öffnen dich.“ In diesem Sinne wünsche ich allen, dass sie für sich den passenden „Seelenöffner“ finden, sei es in Form eines berührenden Romans, einer Biografie oder eines Sachbuches